40 JAHRE ION CLUB – DIE GESCHICHTE EINES WASSERSPORT-PIONIERS

1975 packte eine junge Frau namens Yola Bichler vier Windsurfboards in einen kleinen Renault 4 und fuhr an die Südspitze Italiens. Kein Businessplan, keine Geldgeber, keine Karte, nur ein Traum und pure Leidenschaft für eine neue Sportart, die gerade erst in Europa ankam. Ihr Ziel: der Robinson Club Calabria. Dort wollte sie ihre erste Surfschule eröffnen. Der Hoteldirektor war ziemlich überrascht, als plötzlich ein junges Mädchen auftauchte, das Windsurfen in seinem Resort unterrichten wollte. Aber schon nach einer Woche gab es eine Warteliste. Was als kleine Windsurfstation begann, wurde schnell zu einem Leben für das Meer. Zusammen mit dem Mistral-Pionier Ernstfried Prade eröffnete sie zehn Stationen in Robinson Clubs in ganz Europa. Später kam Kitesurfen in Tarifa dazu und heute Wingfoilen. Yola ist seit 50 Jahren im Wassersport dabei. Und die Firma, die sie aufgebaut hat, heißt heute ION CLUB und feiert 2025 ihr 40-jähriges Bestehen.

In ihren eigenen Worten erzählt Yola, wie alles angefangen hat und wie aus einem kleinen Traum eine internationale Wassersport-Community wurde.

DER ANFANG EINER REISE

Ein Brief von Yola Bichler // 40 Jahre ION CLUB, 50 Jahre im Wassersport

Ich bin Yola Bichler und ich bin seit 50 Jahren im Wassersport unterwegs. Angefangen hat alles mit vier Windsurfbrettern, einem Renault 4 und einem Traum.

Windsurfen war damals in Europa noch komplett neu. Es gab keine Handbücher, keine Lehrer, keinen Plan. Ich eröffnete mein erstes Center im Robinson Club Calabria und musste alles selbst herausfinden, wie man unterrichtet, wie man Anfänger bei starkem Offshore-Wind schützt. Ich erinnere mich noch genau an die ersten Wochen. Jede Session war voll, die Nachfrage wuchs jeden Tag. Es war klar, dass hier etwas Großes entsteht.

yola

PIONIERZEIT UND FAMILIENLEBEN

pioneer ion club yola

In den folgenden Jahren eröffneten Ernstfried Prade und ich zehn Windsurfstationen in Spanien, Frankreich, Griechenland und Italien. Es war eine Zeit voller Energie, Abenteuer und Neuanfänge. Im Winter organisierte ich alles im Hintergrund, im Sommer stand ich auf dem Wasser, oft mit meinem Mann Toni, besonders in La Chiappa auf Korsika.

Korsika wurde unser zweites Zuhause. Dort verbringen wir bis heute einen Teil des Jahres und unsere Kinder Daniel und Ninja sind dort am Meer, mit Sonne und Surfbrettern aufgewachsen.

Wir arbeiteten mit Mistral-Boards, ich war voll im Sport drin und nahm sogar an mehreren Wettkämpfen teil, unter anderem an der allerersten Mistral-Europameisterschaft 1977 in St. Jean de Luz.

DIE GEBURT VON CLUB MISTRAL

Ende der 70er und Anfang der 80er war Mistral eine der ikonischsten Windsurfmarken der Welt. Sie wollten eigene Stationen gründen, um den Sport zu fördern und ihr neuestes Material direkt den Wassersport Begeisterten zu zeigen. So entstand Club Mistral, als Teil der Marketingabteilung von Mistral.

Wir eröffneten an Orten wie Gran Canaria, Barbados, Gardasee, Sardinien, den Malediven, Tarifa und Kap Verde. Heute, 40 Jahre später, sind wir stolz, dass ION CLUB noch immer in Tarifa und auf Sal aktiv ist, zwei unserer ersten Standorte.

club mistral
club mistral

VOM OPERATOR ZUR EIGENTÜMERIN

Ende der 80er begann der Markt für Mistral einzubrechen. Der Verkauf von Boards ging zurück und Mistral konnte die Stationen nicht mehr rein zu Marketingzwecken betreiben. Sie kamen auf mich zu. Ich habe Club Mistral damals nicht gekauft, aber ich habe ihnen versprochen, die Verantwortung zu übernehmen und daraus ein echtes Unternehmen zu machen.

1990 gründeten wir Club Mistral Windsurfing GmbH, eine Tochter der Mistral Group, mit Sitz in Weilheim in Süddeutschland. Nach ein paar Jahren voller Wachstum und Einblicke in die Branche habe ich 1994 das Unternehmen von der Mistral Sports Group gekauft.

Damals war Windsurfen noch der erste richtige Trendsport weltweit, noch vor Mountainbiken, Snowboarden oder Kiten. Wir wuchsen weiter, eröffneten neue Center in Ägypten (Safaga und Dahab), in der Karibik (Isla Margarita, Cabarete, St. Lucia) und in Alacati, Türkei. Jedes neue Ziel brachte frische Energie, neue Teammitglieder und viele neue Abenteuer.

DER AUFSTIEG DES KITESURFENS

Ende der 90er hörten wir zum ersten Mal von einer neuen Sportart: Flysurfing. Die Franzosen waren die Vorreiter. Unser Manager Rolf stellte die Idee bei einem jährlichen Meeting vor. 1999 eröffneten wir unser erstes Kitesurf-Center in Tarifa, in Valdevaqueros, das erste Kitecenter überhaupt in Tarifa. Damals war Kiten noch ziemlich gefährlich, es gab kaum Sicherheitssysteme. Aber dann kam der Quick-Release, und alles änderte sich.

Wir gründeten zuerst eine eigene Marke für Kitesurfen, „Skyriders“. Windsurfer und Kiter wollten nicht immer am gleichen Strand sein, wie früher Skifahrer und Snowboarder. Doch mit der Zeit merkten wir, dass es besser war, alle zusammenzubringen. Also liefen alle Sportarten wieder unter einem Namen: Club Mistral.

kitesurf maurice cours
sunset in greece karpathos

WACHSTUM UND NEUE ZIELE

In den 2000er-Jahren wuchsen wir schnell. Mindestens zwei neue Spots pro Jahr kamen dazu: Mauritius, Ras Sudr, Marsa Alam, Djerba, Prea in Brasilien, Essaouira und Dakhla in Marokko, Karpathos in Griechenland, Fuerteventura und Golf de Roses in Spanien. Überall fanden wir neue Freunde, neue Teams, neue Wellen.

2005 feierten wir 20 Jahre Club Mistral mit einer großen Party bei München. Alle waren da, die Größen der Surfbranche, Reiseveranstalter, unsere Manager aus der ganzen Welt. Danach flogen wir mit dem gesamten Team zum neuen Spot in Mauritius. Diese Woche war magisch: perfekte Bedingungen, Sonnenuntergänge, Lagerfeuer, tiefe Gespräche und ganz viel Lachen. Unser legendäres französisches Team war dabei: Yann, Manu, Ronan, Mathieu, Sébastien, und viele weitere unglaubliche Menschen: Felix, Wolfgang, Chris, Mathew, Rolf, Oli, Daniel und Ninja Bichler, René, Moni, Ivor, Clausi…

HERAUSFORDERUNGEN UND WANDEL

Nach 2010 kamen schwierige Jahre. Politische Unruhen bremsten den Tourismus. 2011 begann der Arabische Frühling. Wir hofften auf Veränderungen zum Guten für unsere ägyptischen und tunesischen Freunde. Doch die Realität war hart. Der Tourismus brach ein und wir mussten viele Stationen schließen.

2014 traf dann auch Venezuela eine tiefe Krise. Nach 20 Jahren mussten wir unser größtes karibisches Center schließen.

Zur selben Zeit verkaufte unser Ausrüstungspartner Boards & More die Marke Mistral. 2015 war klar: es war Zeit für einen neuen Abschnitt. Wir nannten uns ab jetzt ION CLUB. Der Name war neu, aber unser Team, unser Geist und unsere Werte blieben dieselben.

Unsere Werte sind bis heute: Leidenschaft, Professionalität, Verantwortung, Ehrlichkeit und Authentizität. Wir sind ein Team aus 28 Nationen. Verschiedene Kulturen, Religionen und Gewohnheiten, aber eine gemeinsame Liebe zum Sport, zum Meer und zur Natur. Wenn wir uns treffen, spürt man das sofort.

EIN NEUES KAPITEL

2018, zu meinem 60. Geburtstag, dachte ich mehr und mehr an die Zukunft von Surfing Elements GmbH und unseren ION CLUB’s. Für mich waren die Menschen immer das Wichtigste. Ich wollte Partner, die unsere Werte teilen und Erfahrung im internationalen Business mitbringen.

Meine Freundin Laetitia, Direktorin von Fun & Fly, stellte mir Xavier Descamps vor. Und wieder hatte ich Glück. Wir verstanden uns sofort. Xavier kommt aus dem Sporttourismus und war der perfekte Partner. Wir entschieden, das Unternehmen gemeinsam zu führen.

Zwei Jahre später traf uns die größte Krise überhaupt: Covid-19. Am 17. März 2020 mussten wir alle ION CLUBs weltweit schließen. Ein Moment, den wir nie vergessen werden. Aber auch ein Moment, in dem mir klar wurde: Ich hatte die richtige Entscheidung getroffen. In Krisen zeigt sich, wer man wirklich ist. Ohne Xavier hätten wir das nicht geschafft.

kitesurfer jumping above a wave
chilling at ion club essaouira
wingfoil woman jumping

DIE WINGFOIL-ZEIT UND 40 JAHRE ION CLUB

Kaum waren wir aus dem Sturm raus, kam etwas Neues: Wingfoilen. 20 Jahre nach dem Kitesurf-Boom kam diese frische, aufregende Sportart, genau das, was wir brauchten. Windsurfen war am Abnehmen, wir wollten neuen Wind in den Segeln. Xavier und Chris Ziaja halfen, das Team zu überzeugen. Wieder waren wir unter den Ersten mit Wingfoil-Kursen und -Verleih. Heute bieten wir in fast allen Destinationen Windsurf, Kitesurf und Wingfoil an, und manchmal auch Surf und SUP.

2025 feiere ich 50 Jahre in der Surfbranche und ION CLUB wird 40. Und wie feiern wir das? Zusammen, natürlich am Wasser. Im Mai traf sich unser Kernteam, unsere Manager, Freunde und Partner in Mauritius.

Es war eine unvergessliche Woche. Wind, Wellen, gemeinsame Sessions, Lagerfeuer am Strand, Wanderung auf den Brabant, Schwimmen mit Schildkröten und Delfinen, lange Gespräche unter dem Sternenhimmel.

Diese 40 Jahre waren nur möglich durch die außergewöhnlichen Menschen, die diesen Weg mit mir gegangen sind, viele davon seit Jahrzehnten. Euer Mut, euer Einsatz, eure Leidenschaft, das hat alles möglich gemacht.

Ich bin euch allen unendlich dankbar. Denn am Ende ist das hier nicht nur ein Job. Es ist Familie. Und ein Lebensstil.

Danke an euch alle. Ihr seid die Geschichte des ION CLUB.

Yola Bichler